And the winner is... Wilhelmshaven!

10.03.2021

Das Güterverkehrszentrum (GVZ) Jade-Weser-Port Wilhelmshaven hat im Ranking der Deutschen GVZ-Gesellschaft (DGG) im vergangenen Jahr mehr als 30 Plätze gutgemacht und den Sprung in die europäischen Top 20 geschafft. Großes Flächenangebot und eine engagierte Managementgesellschaft, die eine Vielzahl von Servicedienstleistungen anbietet: Das sei entscheidend für die gute Platzierung, ist Geschäftsführer Andreas Bullwinkel überzeugt.

Investoren sichern sich Fläche

In Deutschland sind Logistikflächen knapp geworden. In Wilhelmshaven ist aber noch Platz, sagt Bullwinkel: „Von insgesamt 160 Hektar sind noch rund 60 Hektar verfügbar. Die aber werden wir in den nächsten zwei bis drei Jahren voll vermarktet haben“, ist er sicher. Viele Investoren überprüften derzeit ihre Strategie. „Sie tendieren dazu, Flächen und Immobilien länger zu halten beziehungsweise legen Sicherheitsbestände an“, erläutert er. In der Coronapandemie habe sich gezeigt, dass Logistikketten durchaus angreifbar seien. Der Trend zu Pufferlagern sei deutlich erkennbar. Beruhigend für die Vermarktungsgesellschaft: Ihr gehört noch ein 300 Hektar großes Areal, das bislang nicht gebraucht wurde.

„Das vergangene Jahr hat sich für uns durch eine wirklich sehr, sehr gute Flächenanfrage ausgezeichnet – in Größenordnungen zwischen 2 und 20 Hektar“, berichtet Bullwinkel. Mit China Logistics habe das GVZ 2020 einen Erbbaurechtsvertrag über 20 Hektar abgeschlossen. „Unsere Bedingung ist, dass hinter dem Engagement von China Logistics eine deutsche Gesellschaft steht, die noch zu gründen ist.“ Aufgrund der Reisebeschränkungen konnten die Chinesen allerdings bislang nicht einreisen. Nun verzögert sich alles; eigentlich sollte deren Vorhaben schon in Bau sein. „Ein Nachteil aus der Pandemie“, sagt er.

Die Flächen im GVZ werden ausschließlich über Erbbaurechtsverträge verpachtet. Die Laufzeiten liegen zwischen 10 und 30 Jahren. Aber auch 75 Jahre sind möglich, wenn der Kunde es wünscht. Vorteil dieses Modells laut Bullwinkel: Kunden können das Grundstück beleihen. Es gilt also vorübergehend als ihr Eigentum, das sie erst nach Ablauf der Frist zurückgeben müssen.

„Wir sprechen bestimmte Branchen an“, sagt Bullwinkel. Allen gemein sein sollte ihre Hafenaffinität, damit sie Umschlag an den Standort bringen. Im Bereich Automotive habe man bereits Audi und Volkswagen Nutzfahrzeuge angesiedelt. Bullwinkel: „Wir sind aber auch sehr interessiert an Food- und Non-Food-Unternehmen, weil sie mit hochwertigen Waren handeln und für gute Beschäftigung sorgen.“ Willkommen sind auch alle Arten von Logistikdienstleistern – idealerweise 4PL, die neben Trucking und Lagerhaltung weitere Dienstleistungen anbieten.

Doch mit der Vermarktung allein gibt sich die GVZ-Managementgesellschaft nicht zufrieden. „Wir übergeben nicht nur Grundstück und Pläne, sondern stellen Kontakte her, beispielsweise zur Bau- und Genehmigungsbehörde.“ Nicht alle wünschen das, aber die chinesischen Partner etwa könnten diese Unterstützung gut gebrauchen. „Auch Manager, die mit ihren Familien hierher umziehen, sind dankbar für Hilfe bei der Wohnungs- oder Haus- und Kindergarten- oder Schulsuche“, sagt Bullwinkel. Das Vernetzen der potenziellen Arbeitgeber mit der örtlichen Arbeitsagentur gehört für ihn selbstverständlich dazu. Inzwischen seien im GVZ etwas über 1.000 Arbeitsplätze entstanden.

Der Umwelt zugutekommen soll die Elektrifizierung der zweigleisigen Schienenanbindung des Jade-Weser-Ports, die 2022 fertig sein wird. Außerdem bezieht das GVZ über den örtlichen Energieanbieter Ökostrom, der an der eigenen Küste mit Offshore-Windanlagen gewonnen wird.

„Rangierterminal 4.0“ auf dem Weg

Auch in Sachen Digitalisierung ist der Standort gut aufgestellt. Seit Mitte letzten Jahres läuft das Projekt „Rangierterminal 4.0“ im Rahmen der Förderrichtlinie Innovative Hafentechnologien (IHATEC) des Bundes. Ziel ist es, dass der Bahnbetrieb nach den Anforderungen des Containerumschlags und unter Umweltgesichtspunkten, also der Reduzierung von Lärm- und Schadstoffemissionen, optimiert abgewickelt werden kann. In Vorbereitung ist die Erprobung des vollautomatischen Rangierens mit einer Lokomotive. Um den Dieselverbrauch zu minimieren, werden zudem eine konventionelle Rangierlokomotive, die Gleisanlagen im GVZ und die Managementsoftware angepasst.

Bullwinkel ist optimistisch: „Alles in allem können wir uns gut vorstellen, dass wir beim nächsten DGG-Ranking noch weiter vorne landen.“

 

Nachgefragt

Thomas Nobel, Geschäftsführer Deutsche GVZ-Gesellschaft (DGG), Bremen.

Standort vor der Vollauslastung

Warum hat das GVZ Wilhelmshaven im Standort-Ranking so viele Plätze gutgemacht?

Das GVZ hat zwar mit 160 Hektar eine durchschnittliche Größe im europäischen Vergleich, aber mit Abstand die größten Erweiterungsoptionen. Es gibt dort in angrenzenden Gewerbegebieten mindestens noch mal 300 Hektar, die sich weiterentwickeln lassen. Das ist ein großes Plus, zumal wir merken, dass an vielen anderen Standorten die Flächen absolut erschöpft sind.

Hat Corona die Entwicklung im GVZ ausgebremst?

Nein, eher beflügelt. Dem Vermarktungsstand zufolge ist das GVZ jetzt perspektivisch vor der Vollauslastung, wenn die Reservierungsoptionen mitberücksichtigt werden. Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, dass an die Erweiterung des GVZ herangegangen wird. Die Logistikimmobilienentwickler haben in der Krise nicht an Dynamik verloren, und davon profitiert das GVZ Wilhelmshaven.

Die zweigleisige Bahntrasse zum Jade-Weser-Port soll ja bis Ende 2022 elektrifiziert werden. Warum ist das für den GVZ-Standort so wichtig?

Die intermodale Option ist das Herzstück eines GVZ. Die Kombination der Verkehrsträger und insbesondere die Verlagerung von der Straße auf die Schiene ist die Ur-DNA von GVZ-Standorten. In Wilhelmshaven gibt es ein leistungsfähiges KV-Terminal. Wichtiger als die Elektrifizierung ist aus meiner Sicht aber: Konditionen und Laufzeiten sind attraktiv. Durch die Elektrifizierung werden Transporte noch ökologischer – und die Qualität wird vermutlich noch einmal erhöht.

 

Quelle: DVV Media Group GmbH